Die Haubergswirtschaft in Frohnhausen

Auszüge aus den privaten Aufzeichnungen des Gustav Demandt, Haubergsvorsteher von 1907 bis 1945,  über die Geschichte der Haubergsgenossenschaft Frohnhausen.

Frohnhausen im Jahre 1930
Vor 50 bis 60 Jahren war der Hauberg die Haupteinnahmequelle der hiesigen Bauern. Zur damaligen Zeit waren die Gemeinden, welche die größten Hauberge hatten, die wohlhabendsten. Auf Ackerbau und Viehzucht wurde wenig Wert gelegt. Die Eichenlohe wurde pro Zentner mit 9,00 bis 10,00 DM bezahlt. Sämtliches Holz, bis sozusagen auf das Reisig, wurde zu Holzkohle gebrannt. Es hat Jahre gegeben wo der Wagen Kohle, nach den Erzählungen meines Vaters, mit 45 Talern bezahlt wurde und in einer Zeit, da 45 Taler doppelt so viel Wert halten wie in der unsrigen.

In den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts verschwand jedoch die Holzkohle fast gänzlich vom Markt und die Haubergsbesitzer waren auf den Verkauf von Stangenholz angewiesen, für welches der Preis auch sehr gering war. Die Lohpreise gingen durch die Verwendung ausländischer und chemischer Gerbstoffe von Jahr zu Jahr immer mehr zurück, bis auf 4,00 DM pro Zentner. Durch die schon geschilderten Verhältnisse, sahen sich die Haubergsgenossenschaften Ende der 90er Jahre gezwungen, ihre Wirtschaft umzustellen. Es wurde in der Hauptsache zur Fichtenaufforstung geschritten. Dem unermüdlichen Bemühen des damaligen Kreisoberförsters Linden gelang es so allmählich, eine Genossenschaft nach der anderen zur Aufforstung zu bewegen und gleichzeitig Beihilfen beim Kreis "flüssig" zu machen. Auch unsere Genossenschaft gehörte damals so ziemlich zu den letzten, die sich zur Umstellung bewegen ließ, obwohl sich die Denkenden der Haubergsgenossen schon längst sehr um die Aufforstung bemüht hatten, jedoch dem Unverständnis gegenüber stets in der Minderheit blieben. Es erklärt sich daher auch, daß unsere Genossenschaft außer Grenzeichen, heute noch über keinen einzigen Festmeter Bauholz verfügt. Wogegen Genossenschaften, deren führende Männer einen weiteren Blick hatten, schon seit 15 bis 20 Jahren größere Mengen Holz zum Abtrieb brachten, um dadurch gerade in der Übergangszeit ihre Unkosten decken zu können.

Vor nun 25 Jahren trat anstelle des Kreisoberförsters Linden, der jetzige Kreisoberförster Sorg, welcher das angefangene Werk mit aller Energie weiterführte. Es ist auch dessen und des Landrates Gödicke Bemühen zu verdanken, daß sich später Provinz und Staat zur Zahlung von Beihilfen bereit erklärten und dadurch die Aufforstung sehr erleichtert wurde. Bis heute sind ca. 50 ha in Hochwald umgewandelt worden. Außer diesen Hochwaldflächen entstanden aber auch an geeigneten Stellen aus dem Busch Wiesen, Acker und nicht zuletzt Weideanlagen, so auch in unserer Gemeinde. Eine Anzahl Haubergsbesitzer hatten schon öfter den Antrag auf Herbeiführung eines Beschlusses zwecks einer Weideanlage gestellt, doch waren bisher alle Bemühungen vergebens.

Nun starb 1907 unser alter Haubergsvorsteher, welcher - soweit ich weiß, diesen Posten 30 Jahre inne hatte, an dessen Stelle ich nun trat. Nach meinem Amtsantritt wurde bald wieder der Weideanlagenantrag auf die Tagesordnung gebracht. Mit Hilfe des Kreisoberförsters Sorg kam dann auch nach hartem Ringen ein Beschluß zustande, wonach die Haubergsgenossenschaft eine Fläche von 18 ha der Schläge Kuhställchen und Mücketal unentgeltlich an die Gemeinde abgab, wenn diese auf ihr Huterecht in der übrigen Gemarkung verzichtete. Es entstanden jedoch bis zur Fertigstellung der Anlage noch allerlei Schwierigkeiten und erforderten manchen Termin, worauf ich hier nicht näher eingehen will, es würde auch zu weit führen und viel Raum in Anspruch nehmen. Von Seiten des Staates wurden beträchtliche Beihilfen geleistet, und zwar in einer Höhe, daß der Gemeinde bare Auslagen überhaupt nicht entstanden.

Nach Fertigstellung der Anlage, war die Beteiligung am Weidegang in den ersten Jahren ziemlich minimal, vielleicht aus dem Grunde, weil die Pflege viel zu wünschen übrig ließ, doch änderte sich dieses nach einem Gemeindevorsteherwechsel ins Gegenteil, jetzt wurde die Anlage gepflegt und der Viehauftrieb stieg von 30 auf 70 Stück.
Bei solchem Auftrieb ist es denkbar, daß die Anlage nicht ausreichte und wir sahen uns genötigt, eine zweite zu schaffen. Die Bemühungen begannen wieder von Neuem und es wurde nach zähem Ringen noch 12 ha vom Schlage Eichhain in Weide umgewandelt.

Wir erhielten von Seiten des Haubergschöffenrates die Freigabe dieser Fläche mit dem Vorbehalt, daß an geeigneter Stelle eine gleichgroße Hauberg zum Durchwachsen bestimmt würde. Die Genossenschaft wählte dazu den unaufgeforsteten Teil des Schlages Rütersberg, da dieser am geeignetsten erschien. Die so beschaffene Weide, blieb jedoch Eigentum der Haubergsgenossenschaft, wurde aber an die Gemeinde verpachtet. Diese Verpachtung geschah aus dem Grunde, daß sich auch die Nichthaubergbesitzer mit ihrem Vieh am Weidegang beteiligen konnten. Auch zu dieser Anlage wurden uns beträchtliche Beihilfen gewährt. Vorstehend beschriebene Anlagen waren bei der Pflege, die wir ihnen zukommen ließen, für uns das Wertvollste vom ganzen Haubergbesitz. Es ist jedoch nichts schneller verelendet, wie eine Weide. Ich möchte daher all denen die nach uns kommen zurufen:
                           

"Mögen Enkel kraftvoll walten, schwer Errungenes zu erhalten."